Die Kirchen von Freistadt: Stadtpfarrkirche hl. Katharina - Rundgang
Als Hauptwerk spätgotischer Architektur gilt der dreijochige, mit drei Seiten eines Achtecks schließende Chor mit einer Höhe von 16 Metern.
Einen eindrucksvollen Akzent setzen die im 19. Jahrhundert regotisierten Fenster mit leuchtenden Glasmalereien. Beachtenswert der Nothelferaltar mit spätgotischen Reliefs von einem ehemaligen Schnitzaltar.
Der spätgotische Chor
Der dreijochige, mit drei Seiten eines Achtecks schließende Chor gilt als ein Hauptwerk der spätgotischen Architektur in Oberösterreich. Mit seiner lichten Höhe von 16 Metern überragt er das Hauptschiff um mehr als vier Meter. Seine faszinierende Raumwirkung verdankt er aber vor allem seiner einzigartigen Wölbung. Dieses früheste voll ausgebildete Schlingrippengewölbe Oberösterreichs zeigt reich verschlungene Rippen aus Kreisbögen, die sich im Gewölbescheitel zu kurvigen Rippensternen formieren. Die propellerartig in sich verschraubten Rippen durchdringen sich im Chorhaupt in komplizierten Verschneidungen, wodurch Tiefe und Raum angedeutet werden. Neugotisch ist die 1876/77 vorgenommene Verblendung des Oratoriums an der rechten Chorwand über der Sakristei.
Taufkapelle
In der nördlichen Chorwand öffnet sich eine Arkade zur 1486 vollendeten Taufkapelle. Der aus Rotmarmor gearbeitete spätgotische, elfeckige Taufstein von 1478 trägt neben dem Steinmetzzeichen des Baumeisters MATHES KLAYNDL auch die Inschrift „Wolfgang im paimach“ (Hausmarke des Wolfgang Paimach, Freistädter Bürger und Stifter des Taufsteins). Die in der Barockzeit teilweise zerstörten Fenster wurden im 19. Jahrhundert regotisiert und teilweise erneuert. Einen eindrucksvollen Akzent zeitgenössischer Sakralkunst setzt die im Jahr 1978 von Prof. RUDOLF KOLBITSCH in den Farben Rot-Gelb-Weiß ausgeführte Glasmalerei als Sinnbild für die Ausgießung des Heiligen Geistes (Pfingstmotiv). Die drei hier angebrachten Grabdenkmäler stammen aus dem 17. Jahrhundert.
Nothelferaltar
Im Zuge der Altarraum-Neugestaltung 1967 wurde auch der jetzige Sakramentsaltar aufgestellt. Die spätgotischen Reliefs auf der Vorderseite sowie die vier Tafelbilder auf der Rückseite stammen von einem ehemaligen Schnitzaltar aus der Zeit um 1520 und wurden nun auf einem neutralen Holzbildträger angebracht. Der wohl der späten Donauschule zugehörige Meister ist unbekannt; in der Forschung wurde der am Freistädter Hauptplatz ansässige Meister Lienhard Krapfenbacher ins Spiel gebracht (Schultes/Luidol). Die große Mitteltafel zeigt die ikonographisch eher ungewöhnliche Verknüpfung zweier Themen: in der Mitte sieht man Christus als Weltenrichter, vor dem Maria und Johannes der Täufer als Fürbitter knien, darüber schweben in einer Wolkenglorie Posaunenengel des Jüngsten Gerichtes. Das andere Thema ist eine Gruppe von Heiligen, die sog. Vierzehn Nothelfer, die mit ihren Attributen und ebenfalls von Wolkenwirbeln umgeben rund um die Mittelgruppe angeordnet sind. Die Szenen auf den Flügeln sind links der Vita des Böhmenkönigs Wenzel und rechts der Legende des Ritterheiligen Georg entnommen. Die Tafelmalerei auf der Rückseite zeigt in Dreiergruppen die zwölf Apostel.
Die Gruppe der hll. Vierzehn Nothelfer wird schon seit dem Mittelalter von den Gläubigen um persönlichen Beistand und Fürbitte in vielerlei Notlagen angerufen. Die am Mittel-Relief dargestellten Heiligen sind an ihren individuellen Attributen zu erkennen, die teilweise an ihr Martyrium erinnern. Es sind im Uhrzeigersinn, beginnend bei der Vierergruppe ganz oben: Georg (Drache), Achatius (Dornenkranz), Eustachius (Kreuz und Märtyrerpalme), Vitus (Kessel), Pantaleon (Hände auf den Kopf genagelt), Christophorus (Jesuskind auf der Schulter), Margareta (Märtyrerpalme, der übliche Drache ist links unten zu sehen), Barbara (Turm), Katharina (Rad), Erasmus (Darmwinde), Blasius (Bischofsstab), Dionysius (Kopf in der Hand), Ägidius (Bischofsstab und Hirschkuh), Cyriakus (Stab).
Glasmalerei der Chorfenster
Die im 19. Jahrhundert regotisierten Fenster im Presbyterium stellen Szenen aus dem Leben Mariens dar (1876). Die Szenen zeigen: Mariä Verkündigung, Maria und die Hlgst. Dreifaltigkeit, Mariä Heimsuchung, Anbetung der Könige; rechts unten kniet der Freistädter Kaufmann und Bürgermeister Kaspar Schwarz († 1879) als Stifter.
Kruzifix
Die Darstellung des Gekreuzigten ist eine Leihgabe des Linzer Künstlers HELMUT MICHAEL BERGER aus dem Jahr 1998. Die Schrifttafel neben dieser vielleicht nicht bei allen Betrachtern unumstrittenen Kreuzesdarstellung erinnert an ein Zitat aus der Heiligen Schrift, aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther: „Wir dagegen verkünden Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“ (1 Kor 1,23–24)
Barockbild „Martyrium der hl. Katharina“
An der linken Chorwand ist das ehemalige barocke Hochaltarbild angebracht, ein Werk des niederländischen Malers ADRIAEN BLOEMAERT aus den Jahren 1638/40. Es zeigt Martyrium und Glorie der hl. Katharina von Alexandrien, der Stadt- und Pfarrpatronin von Freistadt. Das Barockbild schildert in kräftigen Farben und einer spannungsgeladenen Komposition die Enthauptung der christlichen Märtyrerin, die das Schwert ihres Henkers gefasst und würdig, ja fast schon dem irdischen Geschehen entrückt, zu erwarten scheint. Im oberen Bildteil empfangen Engel die in den Himmel aufgenommene Heilige. Das Bild war ursprünglich am barocken Hochaltar angebracht, den der Linzer Bildhauer Hans Heinz (andere Schreibweise: Hens) in den Jahren 1637/41 geschaffen hat und der 1877 einem neugotischen Altar weichen musste.
Hl. Katharina von Alexandrien († um 305; Patrozinium: 25. November)
Die ebenso schöne wie gelehrte Königstochter weist das Brautwerben des heidnischen Kaisersohnes zurück und lässt sich statt dessen taufen. Im Traum erscheint ihr das Jesuskind, das ihr den Verlobungsring an den Finger steckt (vgl. auch das Glasfenster im Langhaus). Dem Kaiser Maxentius tritt sie beim Opferfest entgegen und beweist ihm mit gelehrten Worten, dass seine heidnischen Götter Abgötter geworden sind. Als sie auch die vom Kaiser gerufenen Philosophen widerlegt und zum christlichen Glauben bekehrt, lässt Maxentius sie einkerkern und schließlich mit einem Rad, das mit Messern und Nägeln bestückt ist, grausam martern. Doch Blitz und Donnerschlag zerstören das Rad, worauf der Kaiser sie enthaupten lässt. Die frühchristliche Märtyrerin gilt als Patronin der Lehrer, Theologen und Philosophen sowie als Krankenpatronin gegen Kopfschmerzen und Zungenleiden. Sie wird auch als eine der sog. Vierzehn Nothelfer verehrt und zählt zusammen mit der hl. Barbara und der hl. Margareta zu den „heiligen drei Madl’n“.
Marienkapelle
Im Turmuntergeschoß ist heute die Marienkapelle untergebracht. Die spätgotische Türeinfassung stammt ebenso wie jene der Sakristei noch aus dem späten 15. Jahrhundert. Die Lourdes-Grotte wurde in den 1960er Jahren eingebaut, die jetzige Marienstatue 1986 aufgestellt.
Ottilienaltar
An den östlichen Stirnwänden der Seitenschiffe stehen die vier barocken Seitenaltäre hinter marmornen Speisgittern. Beginnen wir ganz links, im nördlichen äußeren Seitenschiff mit dem Ottilienaltar, dessen Aufbau wahrscheinlich noch aus dem 17. Jahrhundert stammt, der aber auch jüngere Teile enthält. Das Bild (2. Drittel 18. Jh.) zeigt die hl. Ottilia vom Elsass, als Klostergründerin mit dem Äbtissinnenstab und dem Buch, auf dem ein Augenpaar ruht, als Hinweis darauf, dass die Blindgeborene bei ihrer Taufe sehend wurde; seitlich Statuen der heiligen Sebastian (links) und Florian (rechts).
Abendmahlaltar
Die beiden inneren Seitenaltäre (um 1750) besitzen einen in Stuckmarmor ausgeführten Aufbau mit Doppelsäulen, geschwungenem Gesims und Volutenauszug mit Engeln. Thema des Altarbildes ist das Letzte Abendmahl, zu dem Jesus seine Jünger um sich geschart hat.
Rosenkranzaltar
Der im Aufbau identische Altar rechts gegenüber zeigt am Altarblatt (Mitte 18. Jh.) den hl. Dominikus, wie er der Legende nach von der Muttergottes den Rosenkranz empfängt. Links ist als typisches Attribut des Stifters der Dominikaner und Sinnbild dieses im frühen 13. Jahrhundert gegründeten Predigerordens der Hund mit der Fackel im Maul zu sehen. Das Medaillon oben im Auszug trägt ein Marienemblem.
Was bedeutet der Hund mit der Fackel als Attribut der Dominikaner?
Die Mutter des Ordensgründers Dominikus sah im Traum, dass aus ihrem Schoß ein Hund mit Fackel herausspringt, der die Welt mit Glauben erfüllt. Zudem hat der Ordensname nicht nur Bezug auf den Ordensgründer, sondern bedeutet auch „Domini canes“, was übersetzt „Hunde des Herrn“ heißt. Die Aufgaben der Dominikaner sind daher: loben, segnen und predigen.
Kreuzaltar
Der jüngste der vier Seitenaltäre ist ein Werk des Linzer Bildhauers SEBASTIAN MÜLLER aus dem Jahr 1778. Das Bild zeigt den ans Kreuz genagelten Christus über den Armen Seelen, die im Fegefeuer ihrer Erlösung harren. In die Kreuzigungsthematik fügt sich auch die Darstellung der beiden Märtyrer des Kreuzestodes, der Apostel Petrus (umgekehrtes Kreuz) und Philippus (T-Kreuz) sowie die Engelsfiguren mit den „Leidenswerkzeugen“ oben im Auszug. Gegenüber an der westlichen Stirnseite über dem Aufgang zur Südempore (nicht öffentlich zugänglich) hängt ein barockes Ölbild mit der Darstellung des hl. Kajetan von Tiene, dem Gründer des Theatinerordens (1. Hälfte 18. Jh.). Farbglasfenster im Langhaus: Maria mit dem Jesuskind in neugotischem Baldachin, 1909, rechts neben dem Kreuzaltar; Mystische Verlobung der hl. Katharina von Alexandrien mit Christus, Taufe des hl. Königs Stephan I. von Ungarn durch den hl. Adalbert von Prag, beide um 1900, im nördlichen äußeren Seitenschiff.
Fresken in der ehemaligen Michaelskapelle
Im westlichsten Joch des Südschiffes befand sich einst die Michaelskapelle, eine fromme Bürgerstiftung von 1465, die in der Barockzeit teilweise zerstört wurde. Deren spätgotische Fresken konnten aber in den Jahren 1931 bzw. 1967 wieder freigelegt und restauriert werden. Sie sind nur fragmentarisch erhalten, die wichtigsten Themen sind aber erkennbar: man sieht links über dem Beichtstuhl den Erzengel Michael mit Flammenschwert und Seelenwaage, an der Westseite eine vielfigurige Kreuzigung (sog. „Kreuzigung mit Gedränge“), an der Decke die vier Evangelistensymbole.
Barocke Konsolfiguren
Die beiden frühbarocken Statuen beim Eingang unter der Orgelempore stammen vermutlich noch vom ehemaligen Hochaltar des Hans Heinz von 1636/39. Sie zeigen den hl. Leonhard, der als Schutzpatron der Gefangenen und später besonders als Viehpatron verehrt wurde, sowie den hl. Ordensgründer Benedikt von Nursia). Etwas jünger sind die um 1700 entstandenen vier Heiligenstatuen im Hauptschiff: die Eltern Mariens, also Joachim und Anna, sowie Maria und Joseph.
Grabsteine
In der Freistädter Stadtpfarrkirche sind an den Wänden der Seitenschiffe, in den seitlichen Vorhallen sowie in der Taufkapelle eine Reihe von lokalhistorisch interessanten Grabdenkmälern des 16. bis 18. Jahrhunderts zu sehe.
Orgel
Die früheste Orgel der Stadtpfarrkirche von 1507 wurde beim Stadtbrand zerstört, ihr folgte 1538 eine Renaissanceorgel. Die weitere Geschichte der Freistädter Orgel wird begleitet von klingenden Namen von Orgelbaumeistern wie LEOPOLD FREUNDT aus Passau (Orgel von 1701/05 mit verziertem Orgelkasten, der im Spätbarock noch zusätzlich ausgeschmückt wurde), Lorenz Franz Richter (Umbau der Freundt-Orgel vor 1760), Leopold Breinbauer (pneumatische Orgel, 1901) und schließlich Andreas und Mathias Metzler; von deren Schweizer ORGELBAUFIRMA METZLER (Dietikon/Zürich) wurde im Jahr 2005 eine neue Orgel (26 Register) in das bestehende barocke Orgelgehäuse eingebaut.
- Stadtpfarrkirche: Geschichte und Baugestalt
- Stadtpfarrkirche: Orientierungplan
- Stadtpfarrkirche: Rundgang