Die Kirchen von Freistadt: Stadtpfarrkirche hl. Katharina in Freistadt - Geschichte und Baugestalt
Als ursprünglicher Bau wird eine spätromanisch-frühgotische Basilika (13. Jh.) in den Ausmaßen des heutigen Hauptschiffes (ohne die äußeren Seitenschiffe) angenommen.
Die bedeutsamste Änderung erfolgt in der Spätgotik durch den großartigen Chorneubau vom damaligen Stadtbaumeister.
Die heutige Baugestalt des Katharinenmünsters ist das Ergebnis einer komplexen Baugeschichte über mehrere Stilepochen bis in die jüngste Vergangenheit.
Frühgotische Basilika, 13. Jh.
Als ursprünglicher Bau wird eine spätromanisch-frühgotische Basilika (erhöhtes Mittelschiff mit eigenem Lichtgaden) in den Ausmaßen des heutigen Hauptschiffes ohne der äußeren Seitenschiffe angenommen. An das flachgedeckte dreischiffige und fünfjochige Kirchenschiff schloss sich im Osten der im Untergeschoß noch bestehende Kirchturm sowie in gleicher Flucht ein vermutlich gerade oder mit einer Apsis endender Chorraum an; seitlich davon war die Sakristei angebaut.
Gotische Veränderungen, 14./15. Jh.
Die flachen Holzdecken ersetzte man um 1370/80 zuerst in den Seitenschiffen und anschließend im Mittelschiff durch gotische Kreuzrippengewölbe. Jedes Gewölbejoch schloss man mit einem jeweils unterschiedlich gestalteten Schlussstein ab. Im weiteren Verlauf kam es zur Erweiterung der Seitenschiffe durch Kapellen für mehrere gestiftete Altäre, zunächst noch im 14. Jahrhundert im Süden und später (1417 Stiftung des Hanns Zinispan) auch im Norden. Über dem südlichen inneren Seitenschiff erfolgte der Ausbau der rechten Seitenempore mit Rundturm und Wendeltreppe. Die vor 1491 entstandenen sternrippen-gewölbten Joche dieser Südempore zierte man etwas später in den drei östlichen Jochen mit reizvollem Blumenrankenwerk (16. Jh.). Aus dem 15. Jahrhundert stammt auch noch der steinerne Christuskopf, der sich an einem Strebepfeiler außen an der Nordseite des Langhauses erhalten hat.
Taufkapelle und Chor der Spätgotik – Mathes Klayndl 1483–1501
Die baukünstlerisch sicher bedeutsamste Änderung erfolgte in der Spätgotik durch den großartigen Chorneubau als Werk des bereits erwähnten Stadtbaumeisters MATHES KLAYNDL. Baubeginn des Chores, an den nördlich die vom gleichen Baumeister 1486 vollendete Taufkapelle anschließt, war im Jahr 1483, Bauabschluss vermutlich 1501, worauf eine Datierung am Sockel des südöstlichen äußeren Strebepfeilers hinweist. Der dreijochige, sehr steile Bau mit 3/8-Schluss überragt das ältere Schiff und ist gegenüber dem frühgotischen Chor etwa um das Doppelte nach Osten verlängert worden. Von entwicklungsgeschichtlicher Bedeutung ist das außergewöhnliche Wölbsystem, ein „Schlingrippengewölbe“, das erste seiner Art in Oberösterreich. Es beeinflusste nicht zuletzt das gut 20 Jahre später im nahen Königswiesen entstandene Kirchengewölbe, mit dem diese besonders im Donauraum ausgeführte Bauform der Spätgotik ihren Höhepunkt und Abschluss fand. Gleichzeitig mit dem Chorneubau wurde auch die südlich anschließende Sakristei vergrößert und aufgestockt.
Fünfschiffige Basilika, 16. Jh.
Nach den Stadtbränden von 1507 und 1516 wurden zwischen 1520 und 1522 von den Gallneukirchener Steinmetzen THOMAS VELDNER und WOLFGANG WIESCHITZBERGER die Kapellen der Nordseite zu einem fünften, kürzeren Kirchenschiff ausgebaut. Durch die Verbindung der äußeren Kapellen mit dem inneren Seitenschiff entstand schließlich der über drei Joche fünfschiffige Kirchenraum, übrigens der einzige seiner Art in Österreich.
Barockisierung 17./18. Jh.
Die erste Barockisierungsphase durch den Passauer Hofbaumeister CARLO ANTONIO CARLONE in den Jahren 1686–1690 umfasste die Ummantelung der Pfeiler sowie die Umformung der Arkaden; die gotischen Maßwerkfenster wurden nun zu barocken Rundfenstern umgestaltet. 1732/33 kam es dann zur Barockisierung der beiden Seiteneingänge sowie des westlichen Hauptportales, das seither von einer Steinfigur der Kirchenpatronin St. Katharina gekrönt wird. Die Westempore erweiterte man bis zum zweiten Pfeilerpaar. Von der barocken Ausstattung sind heute neben dem ehemaligen Hochaltarbild noch die vier Seitenaltäre, das Orgelgehäuse und die Verkleidung der Emporenpfeiler, die Beichtstühle sowie die Sakristeieinrichtung erhalten. Auch die in Gold-Schwarz-Rot gehaltenen Brüstungen im Obergeschoß des Hauptschiffes stammen noch aus barocker Zeit (um 1690). Besonders augenfällig ist heute noch die 1736/37 durch den Barockbaumeister JOHANN MICHAEL PRUNNER ausgeführte Umgestaltung des 58 Meter hohen Kirchturmes mit seiner vom Hauptplatz aus am besten sichtbaren Gliederung: sie erfolgt über dem Sockelgeschoß durch seitliche Riesenpilaster, die vier geschwungenen Balkone des ehemaligen Türmerzimmers sowie die Schallöffnungen der Glockenstube. Über dem abschließenden Gebälk mit den Zifferblättern der Turmuhr ragt der reich gegliederte Zwiebelhelm mit Laterne und Turmkreuz in den Freistädter Himmel. Den gleichzeitig errichteten nördlichen Turmvorbau krönt eine Statue des Linzer Diözesan- und oberösterreichischen Landespatrons St. Florian.
Neugotische Veränderungen im 19. Jh.
Der bei den Stadtbränden 1507 und 1516 in Mitleidenschaft gezogene Chor sowie die Taufkapelle erfuhren in den Jahren 1875–1877 eine Regotisierung durch den Linzer Dombaumeister OTTO SCHIRMER. Dabei wurde u. a. das Mittelfenster wieder geöffnet, außerdem erhielten die vier Chorfenster wieder ein Maßwerk. Im Jahr 1925 entstand im Mittelteil des Turmvorbaues ein vom Bildhauer ADOLF WAGNER VON DER MÜHL gestaltetes Kriegerdenkmal mit der Darstellung des hl. Georg als Drachentöter.
Regotisierung und Erneuerung 1967/68
Anlässlich der 1967/68 durchgeführten Erneuerung des Kircheninneren unter Leitung des Architekten ANTON ZEMANN kam es nun auch zur Regotisierung des Hauptschiffes, das seinen ursprünglichen Charakter weitgehend zurück erhielt. Die barocke Ummantelung der Pfeiler und Säulen sowie die Rundbogen im Erdgeschoß wurden entfernt, die Spitzbogen-Arkaden wieder freigelegt; ferner konnten die Dienste im Langhaus sowie die Gewölbeansätze und Konsolen in den Seitenschiffen und Kapellen rekonstruiert werden. Auch die Westempore erhielt wieder den früheren geraden Abschluss. Die neugotische Einrichtung wurde entfernt, der Altarraum mit dem Zelebrations- oder Volksaltar (Tisch des Brotes) sowie dem Ambo (Tisch des Wortes) im Sinne der Reformen des zweiten Vatikanischen Konzils neu gestaltet sowie die Bestuhlung neu angeordnet. Der Volksaltar aus weißem Juramarmor sowie Ambo, Leuchter, Vortragskreuz und Osterleuchter (alle in Bronze) entstanden nach Entwurf des Linzer Bildhauers Prof. PETER DIMMEL.
Renovierung 1988
Einer Außenrenovierung in den 1970er Jahren folgte 1987/88 eine umfassende Innenrenovierung. Dabei wurden die vorübergehend aufgestellten Sessel wieder durch Kirchenbänke ersetzt und der gesamte Innenraum neu gefärbelt.
Turmrenovierung 2009
Im Jahr 2009 wurde der Kirchturm einer Außenrenovierung unterzogen; im Sommer 2011 folgte die Erneuerung der technischen Anlage des Glockengeläutes.
Glocken
Die Freistädter Stadtpfarrkirche verfügt noch über einige historische Glocken aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Die älteste Glocke ist die Armeseelenglocke aus dem Jahr 1512. Aus barocker Zeit stammen die Barbara-Glocke (1692) und die Floriani- oder Elferglocke (1723).
- Stadtpfarrkirche: Geschichte und Baugestalt
- Stadtpfarrkirche: Orientierungplan
- Stadtpfarrkirche: Rundgang