Die Kirchen in Maria Pöllauberg: Ortsgeschichte
Im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts setzt die erste urkundlich belegbare Geschichte dieses marianischen Gnadenortes ein.
Katharina von Stubenberg ermöglicht durch großzügige Stiftungen den Bau der neuen gotischen Wallfahrtskirche Mariä Geburt, deren Ausstattung mehrere Jahrzehnte andauert. Eine Quelle, die von den Menschen als etwas Wunderbares, Gottgewolltes wahrgenommen wird, legt im frühen 12. Jahrhundert den Grundstein für die Errichtung der Annakirche.
Historische Anfänge
Auf einem südlichen Ausläufer des Masenbergs erhebt sich in 744 m Seehöhe die Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Geburt in Pöllauberg, eine der bedeutendsten Wallfahrtsstätten der Steiermark. Die Anfänge dieser Marienkirche sind von zahlreichen Legenden und Sagen umrankt, die aber eine zeitliche Einordnung nicht zulassen. Eine mit Urkunden und Dokumenten belegbare Geschichte dieses marianischen Gnadenortes setzt erst im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts ein. Tatsächlich sind dessen Anfänge aber schon in die Zeit der deutschen Kolonisation im ausgehenden 12. Jahrhundert anzusetzen. Ein besonderes Naturphänomen dürfte dabei eine Rolle gespielt haben. Am höchsten Punkt des Berges entspringt nämlich eine Quelle, die von den Menschen des Mittelalters als etwas Wunderbares, Gottgewolltes wahrgenommen wurde und die der Grund für die Errichtung eines Wasserheiligtums gewesen sein könnte. Ein weiterer Aspekt ist bei der Frage nach den Anfängen der Wallfahrtsstätte zu erwägen: Der Bergrücken war seit 1160 Grenzlinie zwischen zwei großen, aus einer Erbteilung entstandenen Besitzeinheiten, des Stubenberger und des Neuberger Besitzes. Die Quelle könnte dabei ein markanter Grenzpunkt gewesen sein.
Geschichte der Annakirche
Über dieser Quelle wurde eine kleine romanische Marienkirche errichtet. Als Bauzeit ist das späte 12. oder das frühe 13. Jahrhundert anzunehmen. Stifter dürfte Gottschalk von Neuberg gewesen sein, auf dessen Grund die Kirche errichtet wurde. Dass es sich dabei tatsächlich um ein Quellheiligtum gehandelt hat, kam bei einer Kirchenrenovierung 1967 zu Tage, als man unterhalb des Kirchenbodens eine in Stein gefasste Quelle entdeckte. Auch die bei dieser Renovierung zum Vorschein gekommenen romanischen Bauelemente zeugen vom hohen Alter dieser Kirche, die 1532 auf die heutige Dimension vergrößert und 1730 barock ausgestaltet wurde. Noch in der Barockzeit wurde sie vereinzelt „Heiliger Brunnen der Lieben Frau am Berg“ genannt. Das Quellwasser wurde zu einem Brunnen geleitet, über den 1673 die heute nicht mehr bestehende Ulrichskapelle erbaut wurde. Die Quelle war auch der Grund, dass viele Augenleidende auf den Pöllauberg pilgerten, vertrauend auf die dank der Fürsprache Mariens heilende Kraft des Quellwassers. Die Ulrichsstatue mit dem Fisch, aus dessen Mund das Wasser floss, mit dem man sich die Augen wusch, befindet sich jetzt in der Annakirche. Die ursprüngliche Wallfahrtsstätte war also die heutige Annakirche. Da die neue gotische Kirche ebenfalls der Gottesmutter Maria geweiht wurde, verlor das ältere, ursprüngliche Gotteshaus sein Patrozinium. Es setzte sich hier die Verehrung der hl. Anna, der Mutter Mariens, durch. Doch auch die hl. Katharina wurde hier verehrt. In einem Visitationsbericht aus 1617 wird berichtet, dass es in der Kirche nur einen Altar mit dem Bild der hl. Katharina gebe, dass hier aber auch die hl. Anna verehrt werde.
Baugeschichte der Pfarr- und Wallfahrtskirche
Die Verehrung der hl. Katharina könnte ihre Erklärung darin haben, dass sie die Namenspatronin von Katharina von Stubenberg war, die durch mehrere Schenkungen und Stiftungen in den Jahren 1338/39 an die Pfarre Pöllau wesentlich zum Bau der neuen, gotischen Wallfahrtskirche beigetragen haben dürfte. Unter anderem schenkte sie 1339 ihr Gut Rodaun bei Wien der Pfarre Pöllau. In der Schenkungsurkunde ist keine Zweckwidmung genannt. Doch Urkunden aus 1416 und 1417 beweisen, dass diese Schenkung u.a. auch für den Kirchenbau am Pöllauberg gemacht worden war. Der Baubeginn ist urkundlich nicht belegbar. Anders als bei vielen gotischen Kirchen, die über den Fundamenten und Mauern romanischer Kirchen erbaut wurden, handelt es sich bei der Pöllauberger Kirche um einen vollständigen Neubau. Die historische Forschung nimmt an, dass dieser Kirchenneubau um 1374 bis 1377 fertig gestellt war, doch die Ausstattung und Ausschmückung noch mehrere Jahrzehnte dauerte. 1376 stiftete Hans von Stubenberg in seinem Testament 10 Pfund Pfennige für den Bau, 1384 verfügte Härtel von Teuffenbach testamentarisch die Stiftung von Fensterscheiben für die neue Kirche. Um 1400 dürfte auch die Ausstattung weitgehend abgeschlossen gewesen sein. Bausubstanz, Baustil und Ausstattung blieben lange Zeit unverändert. Doch am 20. August 1674 zerstörte ein durch einen Blitzschlag verursachter Brand den Turm und das Kirchendach, die Glocken schmolzen, die Orgel verbrannte, die Mauern wurden „zertrieben“, doch das Gewölbe der Kirche blieb unbeschädigt. Die meisten Schäden wurden unter der Leitung des baufreudigen Pöllauer Propstes Michael Josef Maister (1669–1696) behoben. Der vollständig zerstörte gotische Turm konnte nicht wiederhergestellt werden. Daher war ein Neubau erforderlich, der 1678 durchgeführt wurde. Das Turmdach in der heutigen Form wurde jedoch erst 1744 aufgesetzt. Im Zuge der Aufstellung einer neuen barocken Orgel 1691 wurde die Orgelempore vergrößert und bis zum ersten Joch vorgezogen. Die von Propst Maister begonnene barocke Ausstattung setzte sein Nachfolger Johann Ernst von Ortenhofen (1697–1743) fort. 1705 bis 1710 ließ er die zu kleine Sakristei auf die heutigen Dimensionen erweitern und neu ausstatten sowie darüber die Oratorien samt Nebenräumen anbringen.