Wallfahrtskirche Maria Straßengel bei Graz: Die Innenausstattung
Die Ausstattung beeindruckt den Betrachter mit der mystischen Licht- und Farbwirkung der Glasgemälde, die als größter Bestand mittelalterlicher Glasmalereien in der Steiermark gelten.
Diese bilden einen effektvollen Kontrast zu den spätbarocken Einrichtungsgegenständen wie Kanzel, Altar- und Kreuzwegbildern und den neugotischen Altaraufbauten. Verschiedene Kapellen zeigen kunstvoll ausgestattete Altäre mit prachtvollen Ölgemälden und Fresken.
Von der ursprünglichen Einrichtung aus der Bauzeit hat sich außer den Glasgemälden und dem Wurzelkreuz nichts mehr erhalten. Die bestehende Ausstattung wird vor allem bestimmt durch die mystisch-transzendente Licht- und Farbwirkung der Glasgemälde und durch die spätbarocken Einrichtungsgegenstände, wie Kanzel, Altar- und Kreuzwegbilder, und die einheitliche Spätbarockausstattung der Annakapelle, zu denen die neugotischen Altaraufbauten kontrastieren.
Glasgemälde
Besonders bemerkenswert sind die Glasgemälde der Chor- und Südfenster mit dem größten zusammenhängenden Bestand mittelalterlicher Glasmalereien in der Steiermark. 147 Rechteckscheiben und Maßwerkfelder sind hier an ihrem ursprünglichen Bestimmungsort erhalten geblieben. 25 Scheiben befinden sich in in- und ausländischen Museen. Der heutige Bestand der Straßengler Glasgemälde ist jedoch nur der Rest einer weit umfangreicheren Verglasung; ebenso wie der Chor, waren auch das Langhaus und die Fensterrose mit farbigen Bildfenstern aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ausgestattet. In den Jahren 1884/1885 erfolgte eine Restaurierung, Ergänzung und Neuordnung durch die Tiroler Glasmalereianstalt NEUHAUSER aus Innsbruck, auf die die vorhandene ikonographische Anordnung zurückgeht. Zuletzt wurden die Glasfenster in den Jahren 1972 bis 1978 in den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes restauriert und gleichzeitig, zum Schutz gegen Korrosion und Verwitterung, eine Außenschutzverglasung angebracht. Als Programm kann man Szenen aus dem Alten Testament, marianische und christologische Themen, Darstellungen der Erzengel und Evangelisten sowie Apostel-, Propheten- und Heiligenserien rekonstruieren. Die folgende Aufzählung der Darstellungen erfolgt von unten nach oben.
Hauptchor
A. Achsenfenster (Passionsdarstellungen):
- Ornamentscheiben (1885)
- Letztes Abendmahl (1885)
- Christus am Ölberg (1885) – Judaskuss und Gefangennahme Christi – Christus vor Pilatus
- Geißelung Christi (1885) – Dornenkrönung – Kreuztragung
- Kreuzigung – Beweinung Christi – Grablegung Christi (Abb. unten)
- Auferstehung Christi – Frauen am Grabe – Noli me tangere (1885)
- Emmausjünger (1885) – Der ungläubige Thomas – Himmelfahrt Christi (l885)
- Baldachinbekrönungen (1885) – Schweißtuch Christi und Leidenswerkzeuge Christi (1885)
B. Nordfenster (Stifterehepaar, Sündenfall, Leben Christi):
- Ornamentscheiben (1885)
- Stifter Ortolf II. von Teufenbach mit Wappen – Hl. Bernhard – Stifterin Kunigunde von Galler mit Wappen
- Sündenfall – Vertreibung aus dem Paradies – Arbeit Adams und Evas
- Verkündigung an Maria – Geburt Christi – Darstellung im Tempel
- Darstellung im Tempel – Anbetung der Hll. Drei Könige – Flucht nach Ägypten (Abb. oben)
- Der zwölfjährige Jesus im Tempel – Taufe Christi (1885) – Das Wunder von Kana (1885)
- Die Bergpredigt (1885) – Die Salbung von Bethanien (1885) – Auferweckung des Lazarus(1885)
- Baldachinbekrönungen (1885), Halbfiguren der Propheten David und Isaias und Lamm Gottes
C. Südfenster (Evangelisten und Jüngstes Gericht):
- Ornamentscheiben (1885)
- Engel mit Wappen des Stiftes Rein und des Abtes Vinzenz Knödl (1885) – Thronende Muttergottes mit Kind – Abt Vinzenz Knödl mit dem hl. Bernhard (1885)
- Evangelist Markus (1885) – Gnadenstuhl – Evangelist Johannes
- Evangelist Lukas – Erzengel Michael als Drachentöter – Evangelist Matthäus
- Auferstehende – Posaunenengel (1885) – Auferstehende
- Zug der Seligen – Christus als Weltenrichter –Verdammte
- Apostel Petrus (1885) – Engel, Wein erntend (1885) – Apostel Paulus (1885)
- Baldachinbekrönungen, Sonne und Mond mit Sternen sowie Sterne (1885)
Nordchor
D. Achsenfenster (sog. Apostelfenster):
- Ornamentscheiben (1885)
- Johannes der Täufer – Muttergottes in der Sonne
- Johannes Evangelist – Apostel
- Hl. Andreas – Hl. Jakobus d. Ältere
- Apostel – Apostel
- Hl. Bartholomäus – Apostel
- Turmhelmendigungen – Blüten- bzw. Blattrosetten
E. Nordfenster (sog. Nothelferfenster):
- Ornamentscheiben (l885)
- Hl. Erasmus – Hl. Katharina
- Hl. Cyriakus (Stephanus?) – Hl. Achatius
- Hl. Dionysius (1885) – Hl. Blasius
- Hl. Christophorus (1885) – Hl. Eustachius (1885)
- Hl. Pantaleon (1885) – Hl. Georg
- Hl. Vitus – Hl. Margaretha (1885).
- Hl. Barbara (1885) – Hl. Ägydius (1885).
- Turmhelmendigungen, Blütenrosetten und Blattrosette.
Nordfenster: Blütenrosette, Blüten- bw. Blattrosette.
Südchor
F. Achsenfenster (Leben der Eltern Mariens und Marienleben):
- Ornamentscheiben (1885)
- Ornamentscheiben (1885)
- Verheißung des Engels an Anna – Joachim bei den Hirten.
- Abweisung von Joachims Opfer? (1885) – Begegnung an der Goldenen Pforte
- Verkündigung an Anna – Anweisung des Engels an Joachim, nach Hause zu gehen
- Geburt Mariens (oder Christi?) – Tempelgang Mariens
- Die Erwählung Josephs – Die Freier Mariens
- Vermählung Mariens – Verkündigung an Maria
- Prophetenköpfe, Blüten- bzw. Blattsterne, Lamm Gottes
G. Südfenster (Marienleben und Jugendgeschichte Christi):
- Ornamentscheiben (1885)
- Heimsuchung – Anna selbdritt mit einem knienden Zisterzienserabt (Abt Seyfried von Waldstein?)
- Maria lactans – Maria im brennenden Dornbusch
- Bethlehemitischer Kindermord – Geburt Christi (oder Mariens?)
- Der zwölfjährige Jesus im Tempel – Die Auffindung Jesu im Tempel
- Tod Mariens – Begräbnis Mariens
- Krönung Mariens – Schutzmantelmuttergottes
- Prophetenköpfe, Blattsterne und Rosette.
Langhausfenster
- (4. Joch): Christushaupt.
- (3. Joch): Blütenstengel.
- (1. Joch): Betende hl. Elisabeth von Thüringen?; Auge Gottes mit Blütenstengeln und Sternenhintergrund (1857?); Kreuzstammendigung, trauernde Engel, Maßwerkgiebel, Ornamentfelder (modern).
Südrose:
Schmerzensmann als Weltenrichter; um diesen sind gruppiert Auferstehende aus den Gräbern, die Anbetung der Hll. Drei Könige mit Maria, dem Jesuskind und Joseph sowie eine Halbfigur mit Krone, weiters Blüten und Blattrosetten
Westrose:
Maria mit dem Jesuskind, umgeben von vier Cherubsköpfen (1885).
Die Meister der Glasfenster
Die Glasmalereien des Passionszyklus stammen von einem aus Wien berufenen „Hauptmeister“, dessen Stil in der Wiener Glasmalerei – in der Verglasung der Chöre von St. Stephan und Maria am Gestade – wurzelt (mit der Herstellung der Straßengler Glasgemälde hatte man bereits um 1350 begonnen). Vermutlich veranlasste der Straßengler Hauptmeister die Etablierung einer lokalen Werkstätte, die in den späten sechziger Jahren bis ca. um 1370 unter dem Meister „B“ nach einer großzügigen Stiftung von Ortolf von Teufenbach und dessen Frau Kunigunde von Galler die Verglasung des Hauptchores beendete und in der Folgezeit unter dem Meister „C“ die Nebenchöre verglaste.